"Hauptsache gesund!"?
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Ihr Lieben,
„Hauptsache gesund“ — Unter diesem Titel führt Dr. Carsten Lekutat jeden Donnerstagabend um 21:00 Uhr durch seine Sendung im MDR. Jede Folge dreht sich um ein bestimmtes Gesundheitsthema, zu dem Ärzte oder andere Fachleute zu Wort kommen und auch die Zuschauer können sich mit Fragen oder eigenen Erfahrungen einbringen. Im letzten Jahr wurde bereits die 1000. Folge von „Hauptsache gesund“ ausgestrahlt. — Vielleicht gibt es ja auch unter uns treue Anhänger dieser Serie…
Hauptsache gesund. Dass es sogar eine Fernsehsendung mit diesem Titel gibt — und natürlich viele viele weitere Sendungen, Zeitschriften und so weiter mit einem ganz ähnlichen Titel — zeigt uns, wie wichtig dieses Thema uns Menschen ist.
Hiskia klagt Gott sein Leid. Er möchte nicht jung sterben. Er möchte das Leben noch nutzen, um Gott damit zu ehren. In seinem Klagen ist er voller Angst. Sein Rufen zu Gott ist nicht mehr kraftvoll, sondern gleicht viel mehr dem ängstlichen Piepsen einer Schwalbe, sagt er selbst. — Und dennoch, so lesen wir, hört Gott Hiskias Gebet und lässt es nicht im Wind verhallen. Selbst das leise und kraftlose Piepsen des kranken Königs nimmt Er wahr.
Schauen wir uns einmal an, was Hiskia zu diesem Thema zu sagen hat. Er kann im wahrsten Sinne des Wortes ein Lied darüber singen, was es heißt, krank zu sein. Sozusagen ein echter „Krankheits-Experte“. Hiskia war einer der Könige des Südreichs Juda, also von dem Gebiet, in dem auch Jerusalem liegt. Er lebte in der Zeit um 700 v. Chr., hatte miterlebt, wie das Nordreich Israel von den Assyrern vernichtet worden war. — Und Hiskia gehört zu den sehr wenigen Königen, die von den biblischen Autoren ein gutes Zeugnis ausgestellt bekommen.
Hiskia war ein guter König. Er fragte nach Gottes Willen. Er sorgte dafür, dass das Volk wieder zu Gott umkehrte. Er schaffte Götzenbilder ab; er zerstörte sogar die bronzene Schlange. Die, die Mose einst in der Wüste angefertigt und die vielen das Leben gerettet hatte, die inzwischen aber selbst als Götze angebetet wurde. Hiskia scheute sich nicht vor den Menschen, er richtete sich zu allererst an Gott aus. Er war ein guter König. Er tat, was dem Herrn gefiel — so die Bibel.
Doch das heißt nicht, dass in seinem Leben alles glatt läuft, ganz im Gegenteil: Mit gerade einmal 39 Jahren steht er plötzlich an der Schwelle des Todes. Eine Krankheit hat sein Leben fest im Griff. Seine Hoffnung schwindet dahin.
Später wird er rückblickend ein Gebet verfassen, das wir (in Auszügen) als Predigttext gehört haben. Er findet darin eindrucksvolle Bilder für das, was er durchlitten hat:
„Meine Bleibe auf der Erde wird abgebrochen, sie wird weggetragen wie ein Hirtenzelt.“ (V.12a) — Das Leben als Hirtenzelt, etwas fragiles, das schnell zu Bruch gehen kann, das ohne besonders große Mühe abgerissen und davongetragen werden kann.
Oder weiter: „Ich habe mein Leben zu Ende gewebt, wie ein Weber, der am Schluss den Stoff einrollt. Der wird dann vom Webstuhl abgeschnitten.“ (V.12b-c) — Das Leben wie die Arbeit eines Webers. Mit dem Lebensfaden wird das Leben gewoben, doch irgendwann ist dieses Leben zu Ende, der Faden wird abgeschnitten und der Stoff eingerollt. Das Leben ist fertig.
Hiskia klagt Gott sein Leid. Er möchte nicht jung sterben. Er möchte das Leben noch nutzen, um Gott damit zu ehren. In seinem Klagen ist er voller Angst. Sein Rufen zu Gott ist nicht mehr kraftvoll, sondern gleicht viel mehr dem ängstlichen Piepsen einer Schwalbe, sagt er selbst. — Und dennoch, so lesen wir, hört Gott Hiskias Gebet und lässt es nicht im Wind verhallen. Selbst das leise und kraftlose Piepsen des kranken Königs nimmt er wahr.
„Hauptsache gesund! Hauptsache am Leben!“ … mag man aus Hiskias Worten heraushören. Das sind seine Gedanken inmitten seiner Krankheit. Und sie sind absolut nachvollziehbar.
Hiskia hat das Glück, dass Gott sich umstimmen lässt und Seinen Plan ändert. Er heilt Hiskia von seiner Krankheit und gewährt ihm weitere 15 Jahre Lebenszeit.
So kommen wir zum zweiten Teil von Hiskias Gebet. Darin wird deutlich, dass sich auch für Hiskia einiges geändert hat. Ja, er freut sich über die Heilung und ist voller Glück, dass er weiterleben darf. Doch scheint es, als hätte er in diesem ganzen Erlebnis noch viel tiefere Erfahrungen gemacht. „Mein bitteres Leiden hat mir Frieden gebracht.“ (V.17a) … so der Satz, der seinen Lobpreis über die Heilung einleitet. Es geht ihm nicht etwa um die bloße körperliche Heilung, sondern er ist zum Frieden gelangt, auf hebräisch: Schalom. Mit diesem Begriff umfasst er sein ganzes menschliches Wesen. Nicht nur den Körper, sondern auch Seele und Geist. Der ganze Mensch ist gesund geworden.
Wenn ich eine Krankheit überstanden habe, dann sage ich, dass ich wieder gesund bin. Ich bin bis jetzt noch nicht auf die Idee gekommen, dass mir meine Krankheit und ihr Überstehen „Frieden“ gebracht hätten. Doch scheint sich das mit der Not, die bis tief in die eigene Existenz reicht, zu verbinden. Hiskia stand auf der Schwelle des Todes. Nicht mehr viel hatte gefehlt und sein Leben hier auf der Erde hätte ein vorzeitiges Ende gefunden. In diesem tiefen Leid ist Gott ihm begegnet. Hiskia erfährt die Gottesbegegnung intensiver, als er es bis dahin jemals getan hatte.
Und er begründet auch woher dieser Frieden kommt: „Denn all meine Sünden hast du genommen und weit hinter dich geworfen.“ (V.17c)
Es überrascht ja schon ein wenig. Wie kam das eine zum anderen? Was hat plötzlich Sündenvergebung mit Heilung zu tun?
Diese Frage mögen sich auch die Menschen gestellt haben, die miterlebten, wie Jesus den Gelähmten heilte, von dem wir in der Evangeliums-Lesung gehört haben. Sündenvergebung und Heilung scheinen zusammenzugehören. Dieses Motiv zieht sich durch die ganze Bibel. Im Jakobusbrief werden wir schließlich sogar explizit dazu aufgefordert, dass wir unsere Schuld bekennen sollen, wenn wir krank sind — weil es eben zusammengehört; weil der Mensch ein ganzheitliches Wesen ist. Aber auch, weil der Körper gar nicht das Wichtigste ist. Gott will nicht zuerst unseren Körper heilen, sondern zuallererst unsere Seele. „Deine Sünden sind dir vergeben!“, war für Jesus wichtiger als „Steh auf, nimm dein Bett, deine Matte und geh!“
Und das ist auch der Trost, wenn Gott unseren Körper nicht heilt. Es liegt nicht in unserer Hand, ob Gott eingreift und uns unser Leiden nimmt oder sogar unser Leben noch einmal verlängert. Gott hat seine Gründe und Entscheidungen, auch wenn wir sie manchmal nicht verstehen. Aber selbst, wenn Er uns das körperliche Leiden nicht nimmt und unseren Körper nicht heilt: Er wird uns immer unsere Seele heilen. Er wird uns immer unsere Schuld vergeben, wenn wir sie vor Ihm hinlegen und bei Jesus am Kreuz abgeben. Er wird unsere Not immer mit uns tragen. Er wird immer wieder ausräumen, was zwischen uns und Ihm steht. Er wird unsere Sünden ins tiefste Meer werfen und ihrer nicht mehr gedenken.
„Hauptsache gesund!“ Das gilt bei Gott tatsächlich! Aber es gilt anders, als gedacht und vielleicht auch anders, als wir es im ersten Moment gern hätten. Bei Gott gilt „Hauptsache gesund!“ zuerst für deine Seele. Das bedeutet: Hauptsache, deine Beziehung zu Gott ist intakt. Hauptsache, Er hält Dich in Seiner Hand. — Und ist dem nicht so, dann ist Er gern der Arzt, der das wieder in Ordnung bringt, der deine Seele wieder gesund macht.
Wohl dem, dem der Herr auch die körperlichen Gebrechen nimmt, doch das ist bei weitem nicht das Wichtigste im Leben. Viel wichtiger ist es, dass wir uns in Gottes Hand wissen. Denn dann wird die körperliche Gesundheit folgen — auch wenn es bis zur Ewigkeit dauern kann. Aber das ist unsere Hoffnung, dass wir bei Gott leben werden und dass es dort keine Krankheit mehr gibt — weder körperlich noch seelisch.
Anstelle „Hauptsache gesund!“ möchte ich euch deswegen viel lieber wünschen: „Hauptsache bei Gott!“
Amen.